Vortrag von Thomas Arslan am 10. 02., 19 Uhr
In der Filmreihe „Die Grenze“ geht es um belagerte und umkämpfte Grenzen.
Ihre Überquerung stellt für die Unerwünschten ein lebensgefährliches Risiko dar. Auf der „anderen Seite“ werden diese Grenzen mit einem komplexen Militär- und Polizei-Apparat bewacht. Hier treffen verschiedene Projektionen aufeinander, die sich je nachdem von welcher Seite man blickt voneinander unterscheiden. Es begegnet sich die Angst vor der fremden, anderen Kultur, von deren „Armut“ und „Rückständigkeit“ überschwemmt zu werden und die Hoffnung und Sehnsucht nach einem besseren und menschenwürdigeren Leben.
Die Filmreihe zeigt Arbeiten, die sich auf unterschiedliche Weise mit der Grenze und deren Effekten beschäftigen. In einigen der gezeigten Filme ist die Grenze bzw. die Grenzregion der Hauptschauplatz, in anderen ist sie weniger unmittelbar präsent, jedoch ein wichtiger Bezugspunkt.
Thomas Arslan (*1962), Filmemacher und Drehbuchautor, lebt und arbeitet in Berlin.
De l’autre côté (Chantal Akerman) B/F 2002, 103 min, OmeU
Der Film über die mexikanisch-US-amerikanische Grenze beginnt auf der mexikanischen Seite und schildert die Hoffnungen und die Verzweiflung der auf Einwanderung in die USA Hoffenden. Die Orte, die Chantal Akerman in ruhigen Schwenks und Fahrten zeigt, sind davon aufgeladen.
A City of Sadness (Hou Hsiao-hsien) Taiwan 1989, 157 min, OmdU
Die Geschichte einer taiwanesischen Familie, die in den Strudel der Ereignisse der Nachkriegszeit gerät. Der Film beginnt 1945 mit der Beendigung der japanischen Besatzung Taiwans und schildert die kurze Übergangszeit bis 1949, als das Land von der autoritären Politik des chinesischen Festlandes erneut unterdrückt wird.
Touch of Evil (Orson Welles) USA 1958, 111 min, OmdU
Ein Kriminalfilm, ein Spätwerk des „Film Noir“, ebenfalls an der mexikanisch-amerikanischen Grenze angesiedelt. Welles interessiert die Grenze weniger als konkreter politischer Ort, sondern als überhöhtes, moralisches Niemandsland, in dem alle Gewissheiten zu Staub zerfallen.
Loin (André Téchiné) F/E 2001, 120 min, OmdU
Der junge Serge pendelt als Lastwagenfahrer zwischen Frankreich, Spanien und Marokko. In Tanger kreuzen sich die Wege von Serge, Sarah und Said. „Loin“ entfaltet ein Geflecht von Wünschen und Träumen, in dem das Private und die konkreten politischen Bedingungen miteinander verwoben sind.
Border Incident (Anthony Mann) USA 1949, 94 min, OF
Eine der frühen Arbeiten Anthony Manns. Zwei amerikanische Undercoveragenten schleusen sich in einen Schlepperring ein, der zwischen der amerikanisch-mexikanischen Grenze operiert.
Scarface (Brian De Palma) USA 1983, 170 min, DF
Al Pacino spielt den kubanischen Einwanderer Tony Montana, für den außer dem Elend nichts in den USA vorgesehen ist. „The world is yours“. Dieses Reklame-Versprechen des „American way of life“ macht er sich mit bedingungsloser Übererfüllung zu Eigen.
Zeit der trunkenen Pferde (Bahman Ghobadi) Iran 2000, 79 min, OmdU
Der mit Laiendarstellern gedrehte Spielfilm schildert mit naturalistischer Wucht die harte Existenz von fünf verwaisten Geschwistern im Norden des iranischen Teils von Kurdistan. Vom durch Grenzschmuggel verdienten Geld soll eine lebensrettende Operation für das älteste, behinderte Geschwisterkind Madi bezahlt werden. Für diese Operation muss Madi das Unmögliche gelingen: auf die andere Seite der Grenze zu gelangen.
Allemagne, année 90 neuf zéro (Jean-Luc Godard) F 1991, 62 min, dt./frz. OF
Eine Auftragsarbeit für das Fernsehen über das Thema Einsamkeit. Godard entschied sich für einen Film über die Einsamkeit eines Staates. Nach dem Verschwinden der deutsch-deutschen Grenze irrt der alt gewordene Agent Lemmy Caution durch das ehemalige Gebiet der DDR und nähert sich dem Westen. Spuren der deutschen Geschichte säumen seinen Weg.