Dietrich Orth, Anleitung zu beschwingtem, freudigen Gehen, 1987. Installationsansicht Kölnischer Kunstverein, 2022. Courtesy: Rezipink Collection. Foto: Mareike Tocha.
Game of No Games – Symposium Überlegungen zum Umgang mit dem Begriff Outsider Art Samstag, 11.2.2023, 10:30–17 Uhr
mit Lisa Arndt, Nikola Dietrich, Andreas Fischer, Amelie Gappa, Charlotte Laubard, Kito Nedo, Nadine Oberste-Hetbleck, Susanne Pfeffer, Falk Wolf, Susanne Zander
Mit dem Symposium soll der Frage nachgegangen werden, ob es heute eine Notwendigkeit für Kategorisierungen durch Begriffe wie Outsider Art gibt. Ist eine Definition überhaupt möglich, oder ist der Begriff eher Willkür und orientiert er sich nicht vielmehr auch an gesellschaftlichen Normvorstellungen als am künstlerischen Werk?
Das Symposium ist Teil des Begleitprogramms zur Ausstellung Game of No Games. Anleitung zu beschwingtem Gehen, die historische und zeitgenössische Werke von Künstler:innen zeigt, die in der Geschichte der Kunst kaum Beachtung fanden und deren Teilnahme an der Gesellschaft und im Kunstbetrieb, beispielsweise durch Vormundschaft, Entzug des Wahlrechts oder Diskriminierung eingeschränkt wurde und noch immer wird.
Das Symposium wird in Zusammenarbeit mit dem ZADIK | Zentralarchiv für deutsche und internationale Kunstmarktforschung, Universität zu Köln veranstaltet.
Weitere Informationen folgen in Kürze!
Game of No Games
Anleitung zu beschwingtem Gehen
13.11.2022 – 5.3.2023
William Scott in Game of No Games. Anleitung zu beschwingtem Gehen, 2022. Installationsansicht Kölnischer Kunstverein, 2022. Courtesy: The Museum of Everything. Foto: Mareike Tocha.
Die Ausstellung zeigt historische und zeitgenössische Werke von Künstler:innen, die in der Geschichte der Kunst kaum Beachtung fanden und deren Teilnahme an der Gesellschaft und im Kunstbetrieb, beispielsweise durch Vormundschaft, Entzug des Wahlrechts oder Diskriminierung eingeschränkt wurde und noch immer wird. Damit geht einher, dass meist keine stabile institutionelle Verankerung oder größere (Kunst-) Netzwerke und Supportsysteme verfügbar sind. Gängige Kategorisierungen, wie Outsider Art oder Art Brut, mit der parallelen Hervorhebung ihrer angeblichen Unterscheidungsmerkmale, die bislang häufig als Narrative von spontan vs. geplant, angeboren vs. erlernt, naiv vs. anspruchsvoll, oder etwa primitiv vs. modern gelesen werden, sind heute als überholt anzusehen und kritisch zu hinterfragen. Die Ausstellung möchte daher auch ein anderes Verständnis hinsichtlich etablierter Denkweisen der Kunstwelt und eine selbstverständlichere Ausstellungspraxis beziehungsweise Repräsentation bezüglich künstlerischer Praktiken erreichen.
Die im Kölnischen Kunstverein gezeigten Künstler:innen tauchen in ihren Werken in selbstentfremdende Rollenspiele ab, in denen sie andere Identitäten annehmen und eine Verwandlung – bis hin zur Tierwerdung – stattfindet. „Ich bin ein verdammter Jäger, aber ich weiß, dass es Unfrieden macht. … Ich muss es [das Unruhige] überdecken, damit ich weiter in der Gesellschaft überhaupt existieren kann“, sagte die Künstlerin Rabe perplexum (in „Experimente, Der unbekannte Künstler“, 1987), die in ihren Werken und Leben die Rolle eines Raben annimmt.
Es geht nicht darum, die hier vorgestellten Künstler:innen mit ihrer künstlerischen Praxis als gesellschaftlich ausgegrenzt zu positionieren, als Künstler:innen die hinter scheinbarer Weltabgewandtheit verdrängte Realitäten ausbreiten oder unterdrückte Sehnsüchte entfalten, viel mehr zeigt die Ausstellung, wie sie ganz bewusst mit ihren Abhängigkeiten arbeiten. So entwarf beispielsweise Adelhyd van Bender ein großes und vielschichtiges Werk, das die Welt in mathematische Formeln zerlegt und – durch Assoziationsketten mit biografischen Angaben verschränkend – eine neue Ordnung bildet. Als Vorlage für seine mehrfach kopierten und überarbeiteten Zeichnungen verwendete er häufig an ihn gerichtete Briefe von Ämtern, die von seinem steten Kampf gegen die Verlängerung seiner Vormundschaft zeugten.
Häufig positionieren sich diese Künstler:innen inmitten der Gesellschaft, genau in die Kunst-Unorte und Zwischenräume hinein, in der eine größere Öffentlichkeit vorzufinden ist, um sich zu ihr zu verhalten und mit einer ihnen jeweils eigenen Selbstverständlichkeit Kritik an ihr zu üben. Indem die Künstler:innen gesellschaftliche Konventionen, Normen und dominierende Traditionen verlassen und Gesellschafts- beziehungsweise Geschlechterinszenierungen unterminiert werden, stoßen sie häufig auf Unverständnis. So auch die Künstlerin Helga Goetze, die in den 70er Jahren aus einem konventionellen Lebensentwurf ausbrach und später vor der Gedächtniskirche in Berlin fast täglich freie Liebe, Sex und weibliche Lust propagierte.
Das radikale Potenzial der hier zusammengekommenen Werke liegt darin, uneingelöste politisch-soziale Versprechen einzufordern und, wie beispielsweise Dietrich Orth in einem der Ausstellung titelgebendem Werk anklingen lässt, Anleitungen und Vorschläge zu einem besseren, gerechteren Umgang miteinander zu geben. Aus ihnen wird eine tiefe, in die Zukunft weisende Sehnsucht erkennbar, die auch als Kritik an der Gegenwart verstanden werden kann.
Die Ausstellung wurde kuratiert von Nikola Dietrich und Susanne Zander.
Mit den Künstler:innen Adelhyd van Bender, Klaus Beyer, Lee Godie, Helga Sophia Goetze, Margarethe Held, Dietrich Orth, Albert Leo Peil, Rabe perplexum, William Scott, Wendy Vainity und August Walla.
Abbildung: William Scott, Untitled, 2013, Courtesy of The Museum of Everything
Rabe perplexum, Game of No Games. Anleitung zu beschwingtem Gehen, 2022.
Installationsansicht Kölnischer Kunstverein, 2022. Foto: Mareike Tocha. August Walla, Game of No Games. Anleitung zu beschwingtem Gehen, 2022.
Installationsansicht Kölnischer Kunstverein, 2022. Courtesy: Privatsammlung und Sammlung
Karin und Gerhard Dammann. Foto: Mareike Tocha.Dietrich Orth, Schuldkomplexknoten, undatiert. Game of No Games. Anleitung zu
beschwingtem Gehen, 2022. Installationsansicht Kölnischer Kunstverein, 2022. Courtesy:
Privatsammlung Köln. Foto: Mareike Tocha.Dietrich Orth, Querschnitte von Schuhen zum sich Vorstellen beim Gehen, 1987. Game of No
Games. Anleitung zu beschwingtem Gehen, 2022. Installationsansicht Kölnischer Kunstverein,
2022. Courtesy: Privatsammlung. Foto: Mareike Tocha.Klaus Beyer, Game of No Games. Anleitung zu beschwingtem Gehen, 2022.
Installationsansicht Kölnischer Kunstverein, 2022. Courtesy: Frank Behnke-Archiv Klaus Beyer.
Foto: Mareike Tocha.Klaus Beyer, Game of No Games. Anleitung zu beschwingtem Gehen, 2022.
Installationsansicht Kölnischer Kunstverein, 2022. Courtesy: Frank Behnke-Archiv Klaus Beyer.
Foto: Mareike Tocha.Dietrich Orth, Anleitung zu beschwingtem, freudigen Gehen, 1987. Game of No Games.
Anleitung zu beschwingtem Gehen, 2022. Installationsansicht Kölnischer Kunstverein, 2022.
Courtesy: Rezipink Collection. Foto: Mareike Tocha. Nicht Mann, nicht Frau, nur Rabe, 1984, 43 min, eine Katja Raganelli und Konrad Wickler
Produktion. Game of No Games. Anleitung zu beschwingtem Gehen, 2022. Installationsansicht
Kölnischer Kunstverein, 2022. Foto: Mareike Tocha. William Scott, Game of No Games. Anleitung zu beschwingtem Gehen, 2022.
Installationsansicht Kölnischer Kunstverein, 2022. Courtesy: The Museum of Everything. Foto:
Mareike TochaWilliam Scott, Game of No Games. Anleitung zu beschwingtem Gehen, 2022.
Installationsansicht Kölnischer Kunstverein, 2022. Courtesy: The Museum of Everything. Foto:
Mareike TochaMargerethe Held, Game of No Games. Anleitung zu beschwingtem Gehen, 2022.
Installationsansicht Kölnischer Kunstverein, 2022. Courtesy: Sammlung Zander. Foto: Mareike
Tocha.Lee Godie, Game of No Games. Anleitung zu beschwingtem Gehen, 2022. Installationsansicht
Kölnischer Kunstverein, 2022. Courtesy: The Museum of Everything. Foto: Mareike Tocha.Lee Godie, ohne Titel, undatiert. Game of No Games. Anleitung zu beschwingtem Gehen,
2022. Installationsansicht Kölnischer Kunstverein, 2022. Courtesy: The Museum of Everything.
Foto: Mareike Tocha.Lee Godie, Game of No Games. Anleitung zu beschwingtem Gehen, 2022. Installationsansicht
Kölnischer Kunstverein, 2022. Courtesy: The Museum of Everything und Kapra Fleming. Foto:
Mareike Tocha.Adelhyd van Bender, Aktenordner, Mischtechnik auf Fotokopie, um 1999–2014. Game of No
Games. Anleitung zu beschwingtem Gehen, 2022. Installationsansicht Kölnischer Kunstverein,
2022. Courtesy: Nicole Delmes, Susanne Zander, Foto: Mareike Tocha.Adelhyd van Bender, Aktenordner, Mischtechnik auf Fotokopie, um 1999–2014. Game of No
Games. Anleitung zu beschwingtem Gehen, 2022. Installationsansicht Kölnischer Kunstverein,
2022. Courtesy: Nicole Delmes, Susanne Zander, Foto: Mareike Tocha.Adelhyd van Bender, Aktenordner, Mischtechnik auf Fotokopie, um 1999–2014. Game of No
Games. Anleitung zu beschwingtem Gehen, 2022. Installationsansicht Kölnischer Kunstverein,
2022. Courtesy: Nicole Delmes, Susanne Zander, Foto: Mareike Tocha.Adelhyd van Bender, Aktenordner, Mischtechnik auf Fotokopie, um 1999–2014. Game of No
Games. Anleitung zu beschwingtem Gehen, 2022. Installationsansicht Kölnischer Kunstverein,
2022. Courtesy: Nicole Delmes, Susanne Zander, Foto: Mareike Tocha.Adelhyd van Bender, Aktenordner, Mischtechnik auf Fotokopie, um 1999–2014. Game of No
Games. Anleitung zu beschwingtem Gehen, 2022. Installationsansicht Kölnischer Kunstverein,
2022. Courtesy: Nicole Delmes, Susanne Zander, Foto: Mareike Tocha.August Walla, recto: Schrifttafel-Teufel / verso: Aqua Hister. NSDAP.! Kuppel, 1984. Game of No
Games. Anleitung zu beschwingtem Gehen, 2022. Installationsansicht Kölnischer Kunstverein,
2022. Courtesy: Sammlung Karin und Gerhard Dammann, Schweiz. Foto: Mareike Tocha.Helga Sophia Goetze, Game of No Games. Anleitung zu beschwingtem Gehen, 2022.
Installationsansicht Kölnischer Kunstverein, 2022. Courtesy: Sammlung Karin Pott und
Carmen und Daniel Klein. Foto: Mareike Tocha.Albert Leo Peil in Game of No Games. Anleitung zu beschwingtem Gehen, 2022. Installationsansicht Kölnischer Kunstverein, 2022. Courtesy: Jan Kaps, Köln. Foto: Mareike Tocha.Albert Leo Peil in Game of No Games. Anleitung zu beschwingtem Gehen, 2022. Installationsansicht Kölnischer Kunstverein, 2022. Courtesy: Jan Kaps, Köln. Foto: Mareike Tocha.Helga Sophia Goetze in Game of No Games. Anleitung zu beschwingtem Gehen, 2022. Installationsansicht Kölnischer Kunstverein, 2022. Courtesy: Carmen und Daniel Klein, Karin Pott und Privatsammlung. Foto: Mareike Tocha.August Walla, recto: Gott, Sabaoth, Zebaoth! / verso: Göttin Maria und Rosina Walla, 1985. Installationsansicht Kölnischer Kunstverein, 2022. Courtesy: Sammlung Karin und Gerhard Dammann. Foto: Mareike Tocha.Adelhyd van Bender in Game of No Games. Anleitung zu beschwingtem Gehen, 2022. Installationsansicht Kölnischer Kunstverein, 2022. Courtesy: Nicole Delmes, Susanne Zander. Foto: Mareike Tocha.Lee Godie in Game of No Games. Anleitung zu beschwingtem Gehen, 2022. Installationsansicht Kölnischer Kunstverein, 2022. Courtesy: The Museum of Everything. Foto: Mareike Tocha.Lee Godie in Game of No Games. Anleitung zu beschwingtem Gehen, 2022. Installationsansicht Kölnischer Kunstverein, 2022. Courtesy: The Museum of Everything. Foto: Mareike Tocha.Wendy Vainity in Game of No Games. Anleitung zu beschwingtem Gehen, 2022. Installationsansicht Kölnischer Kunstverein, 2022. Courtesy: Wendy Vainity. Foto: Mareike Tocha.William Scott in Game of No Games. Anleitung zu beschwingtem Gehen, 2022. Installationsansicht Kölnischer Kunstverein, 2022. Courtesy: The Museum of Everything. Foto: Mareike Tocha.Dietrich Orth, Anleitung zu beschwingtem, freudigen Gehen, 1987. Installationsansicht Kölnischer Kunstverein, 2022. Courtesy: Rezipink Collection. Foto: Mareike Tocha.Game of No Games. Anleitung zu beschwingtem Gehen, 2022. Installationsansicht Kölnischer Kunstverein, 2022. Foto: Mareike Tocha.
Die Ausstellung wird gefördert von:
Weitere Unterstützung: Jan Fischer, Unternehmer und Förderer des Kölnischen Kunstvereins sowie der NRW Kunstvereins-Landschaft
Buchvorstellung und Gespräch – Ewa Majewska: Coronafuga. Fragments of Online Dating Discourse from Pandemic Times, im Ludwig Forum, Aachen
26.1.2023
Ewa Majewska Coronafuga. Fragments of online dating discourse from pandemic times Begrüßung durch Eva Birkenstock und Nikola Dietrich Buchpräsentation und Lesung mit Ewa Majewska und dem Performancekünstler Wojciech Kosma im Ludwig Forum, Aachen
Die Veranstaltung findet in englischer Sprache statt.
Zum Abschluss von reboot: responsiveness findet im Ludwig Forum Aachen eine Präsentation und Lesung der neusten Publikation der polnischen Kulturtheoretikerin und Aktivistin Ewa Majewska in Anwesenheit der Autorin sowie dem Performancekünstler Wojciech Kosma.
Bei Coronafuga. Fragments of online dating discourse from pandemic times handelt es sich um eine autotheoretische Verhandlung des Online-Dating-Diskurses während der Covid-19-Pandemie. Das Buch kombiniert Theorie und digitale Dating-Gespräche in dem Bemühen, eine literarische Darstellung der Diskurse über Intimität in Zeiten der Pandemie zu erstellen. Medien und andere Werkzeuge wie Dating-Seiten, Gespräche in, um und über digitales Flirten und unmittelbare Unterhaltungen sind Schlüsselelemente dieses Buches.
Ewa Majewska (lebt in Warschau) ist eine feministische Kulturtheoretikerin, Aktivistin und Autorin. Sie lehrte an der Universität der Künste in Berlin, der Universität Warschau und der Jagiellonen-Universität in Krakau. Ebenfalls war sie Gastwissenschaftlerin an der University of California, Berkeley, dem ICI Berlin und dem IWM in Wien. Derzeit arbeitet sie an der University of Social Sciences and Humanities University in Warschau. Sie veröffentlichte sechs Bücher, zuletzt 2021 Feminist Antifascism. Counterpublics of the Common und publizierte u.a. in Journalen und auf Plattformen wie e-flux, Signs, Third Text, Journal of Utopian Studies und Jacobin. Ihre aktuellen Forschungsschwerpunkte sind Archivstudien, Dialektik des Schwachen, feministische kritische Theorie und Antifaschismus.
Wojciech Kosma (lebt in Berlin und Warschau) ist ein Performancekünstler und Musiker der unter dem Namen spalarnia auftritt.
Die Publikation ist Teil von reboot: – ein kollaborativer, zyklischer, antirassistischer und queer-feministischer Dialog zwischen performativen und forschungsbasierten Praktiken, das gemeinsam vom Kölnischen Kunstverein und dem Ludwig Forum Aachen ausgerichtet wird. Der erste Zyklus reboot:responsivness eröffnete Infrastrukturen für provisorische Inszenierungen, Proben, prozesshafte Choreografien und Begegnungen rund um Themen wie Präsenz, Intimität, Fürsorge und Verantwortung. Konzipiert von Eva Birkenstock, Nikola Dietrich und Viktor Neumann.
Ewa MajewskaCoronafuga. Fragments of online dating discourse from pandemic timesHerausgegeben von Eva Birkenstock, Nikola Dietrich, Viktor Neumann In Englischer Sprache Publiziert vom Ludwig Forum Aachen und dem Kölnischen Kunstverein im DISTANZ Verlag ISBN 978-3-95476-523-2