Ceal Floyer

Ceal Floyer

Ceal Floyer, Kölnischer Kunstverein 2013, Installationsansicht

Die in Berlin lebende Künstlerin Ceal Floyer, die mit ihrer scharfsinnigen und zumeist poetischen Konzeptkunst in den vergangenen Jahren international große Beachtung erfuhr, präsentiert im Kölnischen Kunstverein eine ortsspezifische Ausstellung, die nicht nur die besonderen architektonischen Bedingungen des Gebäudes reflektiert, sondern auch einen Einblick in ihre künstlerische Praxis ermöglicht.

Der Eingriff, den Ceal Floyer in der großen Ausstellungshalle des Kölnischen Kunstvereins vorgenommen hat, wirkt recht umfassend, auch wenn die Mittel hierfür eigentlich eher minimal erscheinen. An den großen Fenstern des Pavillons sind unzählige Aufkleber schwarzer Vogelsilhouetten installiert, wie man sie von den verglasten Fassaden öffentlicher Gebäude kennt. Es sind die schattenartigen Umrisse von Bussarden, die echte Vögel durch ihre abschreckende Wirkung davor schützen sollen, gegen die durchsichtigen Scheiben zu fliegen. Entgegen der üblichen Installationsweise, die eine sporadische Platzierung der Aufkleber vorsieht, sind die Bussarde im Rahmen von Ceal Floyers 2002 entstandener Arbeit Warning Birds – die das zentrale Werk der Ausstellung darstellt – dicht an dicht gesetzt. Der Blick durch die Glasscheiben wird insofern eingeschränkt, so dass die Fenster ihre eigentliche Funktion kaum noch erfüllen können. Durch ihre spezifische Setzung weisen die Vögel fast einen ornamentalen Charakter auf, der gelegentlich davon ablenkt, dass die Arbeit auf eindringliche Weise auch Erinnerungen an die bekannten Angriffsszenen aus Alfred Hitchcocks Klassiker Die Vögel wachruft. Durch die Veränderung gewohnter Parameter gelingt Floyer insofern eine grundlegende Bedeutungsverschiebung, die ein weites Feld von Assoziationen zulässt, auch wenn die Arbeit, wie es deren Titel vermittelt, nichts anderes als Warning Birds zeigt

Der unterschwellige Humor, der sich in der Arbeit durch die scheinbar absurde Steigerung des Auftrags der Warning Birds nachvollziehen lässt, verbindet sich mit einer Vielzahl der Werke von Floyer, so dass dieser fast schon als ein Kennzeichen ihrer Praxis angesehen werden kann. Diese besondere Form des Witzes prägt ebenfalls die 1999 entstandene Arbeit Bucket, die von Floyer ganz bewusst in den Kontext der raumgreifenden Installation der Warning Birds integriert wurde. Die Arbeit besteht aus einem gewöhnlichen, schwarzen Eimer, der innerhalb der Ausstellung recht überraschend und vielleicht sogar etwas deplaziert wirkt, so dass sich Unsicherheit einschleicht, ob das Behältnis nicht etwa versehentlich zurückgelassen wurde. In regelmäßigen Abständen wird ein Geräusch wahrnehmbar, das an das stete Tropfen eines Wasserlecks erinnert. Unweigerlich richtet sich der Blick des Betrachters in Richtung der Hallendecke, wo das Leck vermutet werden könnte. Doch Anhaltspunkte für einen Wasserschaden lassen sich in diesem Bereich nicht ausmachen. Die Erklärung für das ungewöhnliche Geräusch findet sich letztendlich im Inneren des Eimers. In diesem sind ein portabler CD-Spieler sowie eine Box arrangiert, die den irritierenden Klang erzeugen. Keines der Geräte ist verborgen und die Voraussetzungen für die Illusion sind somit unmittelbar ersichtlich.

Auch wenn Floyers Arbeit auf die, seit langer Zeit in der Kunstgeschichte verankerte Tradition der Täuschung Bezug nimmt, scheint sie dieser in gewisser Weise zu widersprechen. Ihre Arbeit schafft eine Illusion, um im nächsten Moment deren Grundlagen offen zu legen und diese wieder aufzulösen.
Die Arbeit Rock Paper Scissors, die 2013 entstand und die Bucket innerhalb der, gewissermaßen als Rahmenwerk fungierenden Installation Warning Birds ergänzt, kommt demgegenüber ohne Täuschungstricks aus. Das Werk besteht aus drei quadratischen Bildtafeln, die jeweils einen Stein, ein Papier sowie eine Schere zeigen und damit auf das weit verbreitete und gleichnamige Spiel verweisen, bei dem mit den Händen die verschiedenen Zeichen nachgebildet werden. Als Grundlage der Arbeit fungierten Bilder, die Floyer nicht selber produzierte, sondern als ‘Found footage’, als gefundenes Material einfach übernahm. Die drei Motive, aus denen sich das Werk zusammensetzt, illustrieren einerseits den Titel der Arbeit und verweisen andererseits auf das, mit den realen Gegenständen verknüpfte Zeichen- und Bedeutungssystem, mit dem sich in der Welt des Spiels Regeln und Handlungen verbinden. Die gleichzeitige Sichtbarkeit aller drei Objekte widerspricht dabei den Bedingungen des Spiels und stellt dadurch die Verbindung zwischen realem Gegenstand und dem dahinter liegenden Zeichensystem in Frage, so dass die Arbeit auch als Stillleben lesbar wird. Floyers Rock Paper Scissors umkreist insofern das Verhältnis von Sprache, Zeichen und Bildern.

Die Ausstellung von Ceal Floyer im Kölnischen Kunstverein beginnt aber nicht erst im Pavillon des Riphahn-Baus. Schon nach dem Betreten der großen und lichten Eingangstüren des Gebäudes, wird der Besucher von einer leisen, aber durchaus stimmungsvollen Musik begrüßt, die ihn zu der Flügeltür des Kinos lockt. In dem abgedunkelten Saal wird er dann mit Floyers 2013 entstandenen Filmarbeit Untitled Credit Roll konfrontiert, die beim Besucher in gewisser Weise den Eindruck erweckt, zu spät zu einer Filmvorführung gekommen zu sein. Weiße, abstrakte und zum Teil wolkenartige Gebilde und Formationen laufen langsam vom unteren zum oberen Rand der Leinwand und verweisen im Zusammenspiel mit der Musik auf den klassischen Abspann eines Filmes. Die Schriftzüge, Namen und Funktionsbezeichnungen werden unscharf wiedergegeben und lassen sich nicht mehr lesen, so dass man vermuten könnte, dass die Linse des Filmprojektors verstellt wurde. Der oftmals übersehene Schluss einer Filmvorführung, bei dem viele Zuschauer schon den Saal des Kinos verlassen, wird von der Künstlerin im Rahmen der Arbeit in den Vordergrund gerückt und zur eigentlichen Attraktion erhoben.

Floyer kehrt die Bedeutung der Dinge um und lenkt die Aufmerksamkeit von einer Haupt- auf eine Nebensächlichkeit. Die Raffinesse und der Scharfsinn, den sie dabei an den Tag legt, erweist die Künstlerin als eine Meisterin ihres Metiers und begründet die besondere Qualität ihrer vielfältigen Praxis.

Begleitend zur Ausstellung erscheint ein Katalog.

Ausstellungs-Öffnungszeiten:
Dienstag bis Sonntag 11 – 18 Uhr, Montags und an Feiertagen geschlossen

Mit freundlicher Unterstützung von:
Stiftung Kunst und Soziales der Sparda-Bank West (Jahrespartner 2013)
RheinEnergieStiftung Kultur
Stadt Köln